Ritt zu den Zaaten den letzten Rentiernomaden der Mongolei

Ein Reisebericht von Ruedi Peter

Vorwort
Seit 1996 organisiere ich Gruppenreisen in die Mongolei und von der ersten Reise an haben mich die mongolischen Steppenpferde begeistert. Leider waren die Ritte immer nur auf wenige Tage und Stunden beschränkt, so dass ich schon lange den Wunsch hegte, einmal eine richtige Reittour zu machen. Ein ebenso wichtiges Ziel war schon lange eine Reise zu den Rentiernomaden, den Zaaten, ganz im Norden, mit dem Geländebus nicht erreichbar. Was lag da näher, als die beiden Wünsche unter einen Hut zu bringen. Während nun in diesem Jahr meine Tochter Elisabeth eine grössere Gruppe durch den Hangai in die Gobi führte, unternahm ich mit einer Reiterin und zwei Reitern eine Pioniertour durch Steppe und Taiga in der Nähe der russischen Grenze. Unsere Erlebnisse sind im nachfolgenden Tagebuch aufgezeichnet.

Sonntag, 11. Juli
Um 03.45 Uhr, beginnen wir unsere „Sammeltour“, die uns über Willisau, Sursee, Dagmersellen nach Kloten
führt. Alle 12 Teilnehmer sind pünktlich und das Einchecken als Gruppe ist schnell erledigt. In Berlin braucht es schon mehr Geduld und Nerven. Nach stundenlangem Warten erklären die Mongolen, dass die Namensänderung von Heidi nicht bekannt sei, aber irgendwie wird dann doch für 75 Euro ein neues Ticket ausgestellt. Der Flug nach Ulaanbaatar mit Miat verläuft sehr gut und wir sind nicht allzu müde, wie wir am Morgen des 12. Juli von Gozo in Empfang genommen werden.

Montag, 12. Juli
Nach der kurzen Fahrt ins Hotel trennen sich die Wege der Reiter und Elisabeths Gruppe. Nach einer Ruhepause besuchen wir noch das Kaufhaus, das natürlich wieder weit mehr Artikel führt, als im Vorjahr. Der Besuch dient mir immer so als Gradmesser der Veränderungen innerhalb eines Jahres.

Dienstag, 13. Juli
In der Nacht bringt mir Gozo schlechte Nachrichten. Temudschin, den ich vor einem Jahr als Guide engagiert habe, wird von seinem Arbeitgeber nicht frei gestellt. Also wird Zolo, unser Koch, der zum Glück gut Deutsch spricht, zum Guide ernannt und Zörgo, der Bruder von Gaajid, wird Hilfskoch. Am Vormittag besuchen wir dann noch Elisabeths Gruppe beim Nomaden. So kann ich mein einjähriges Pferd sehen und fotografieren. Am Nachmittag fliegen wir nach Murun in Begleitung von Zörgo. Auf dem Polizeiposten lösen wir eine Sonderbewilligung, für das Grenzgebiet. Nachdem auch Zolo und Temudschin eingetroffen sind, fahren wir im Geländebus und mit allem Gepäck, einschliesslich einer Ladung Tomaten und Gurken, noch eine Stunde nach Norden, wo wir zum ersten mal zelten. Gozo hat uns mit neuen Zelten ausgerüstet, was wir sehr zu schätzen wissen.

Mittwoch, 14. Juli
Der Tag beginnt sonnig und w arm. Wir fahren durch eine schöne Steppenlandschaft mit vielen Herden. Daes in letzter Zeit genug Regen gab, hat es auch entsprechen Futter für die Tiere. Ab Mittag sind die Hügel bewaldet und am Horizont sehen wir die ersten Schneeberge. In der Ortschaft Ulaan Ul machen wir kurz Halt und bei der Mittagsrast geniessen wir ein Vollbad im Fluss. Gegen Abend sind wir dann bei den Nomaden, die uns die Pferde zur Verfügung stellen und uns begleiten. Wir schauen zu, wie Pferde eingefangen und auch noch eingeritten werden. Wie üblich sieht das alles etwas improvisiert und nicht so vertrauenserweckend aus. Keiner von uns sagt viel dazu, aber jeder denkt sich das seine, bevor wir uns ins Zelt verziehen.

Donnerstag, 15. Juli
Beim Frühstück macht sich eine leichte Nervosität bemerkbar unter den vier westlichen Reitern. Um 10 Uhr wird dann gesattelt und gepackt. Da uns der Bus und Temudschin noch einen Tag begleiten, kann die Küche im Auto transportiert werden. Ich mache mir so meine Gedanken wie dieser ganze „Plunder“ inklusive Kartonschachteln und Gasflasche später auf die Pferde verladen werden soll. Es ist sehr heiss und die Pferde laufen wie verrückt. Es muss sich um eine Rasse handeln, die ich in acht Jahren noch nie getroffen habe. Nach drei Stunden machen wir Mittagsrast an einem Fluss und genehmigen uns wieder ein Bad. Trotz Erfrischung sind es noch vier harte Stunden am Nachmittag in brütender Hitze. Wir reiten über eine riesige Ebene mit Hügeln und Bergen am Horizont. Am Schluss überqueren wir noch zwei Hügelketten, wobei es nicht ungelegen kommt, dass wir abwärts marschieren und so die armen Pferde, oder besser gesagt unsere armen Hintern schonen können. Die Pferde sind nun auch etwas zahmer geworden, aber für einen forschen Zielgalopp reicht es noch. Es hat sehr schönes Gras, aber die erhitzten Pferde müssen noch lange warten, bis sie trocken sind und dann an langen Leinen die Nacht über fressen dürfen. Ich bin richtig geschafft und die Müdigkeit ist grösser als mein Appetit. Das Bad im Zaagan Nuur stellt uns zwar wieder auf, aber man ist halt nicht mehr der Jüngste. Es wird noch ein paar Tage dauern, bis unser Jüngster zugibt, dass auch er fix und fertig war. Der Tag wird mit einem Schluck Wodka und Gesang beendet, wobei der Schnaps kräftiger ist als der Gesang.

Freitag, 16. Juli
Wir reiten nach Zaagan Nuur, ein perfektes „Westernstädchen“ direkt am gleichnamigen See. Es ist wieder sehr heiss und wir stellen fest, dass wir unbedingt mehr Wasser und Tee benötigen. Im Laden gibt es zum Glück Mineralwasser und Bier. Die Ladenbesitzerin findet es zwar etwas komisch, dass ich sie im besten Mongolisch frage, ob sie gut geschlafen habe, aber sie freut sich offensichtlich über etwas Abwechslung. Nachdem Gregors Satelliten-Telefon den Geist aufgegeben hat, bevor wir es auch nur einmal benutzt haben, ist das Telegrafenamt nun das wichtigste Gebäude im Ort. Während der Telegrafenbeamte auf dem Motorrad unterwegs ist um die unterbrochene Leitung zu reparieren, machen wir einen verwegenen und absolut filmreifen Ritt durch die morastige Hauptstrasse, wobei wir uns mindestens wie „Billy the Kid“ und seine Bande nach einem Bankraub fühlen. Dadurch wird die Telefonleitung nach Murun auch nicht besser und so reiten wir eben mit der Ungewissheit weiter,
wie es der andern Gruppe in der Steppe geht. Gegen Abend regnet es dann ein wenig, was uns gar nicht ungelegen kommt, denn wir wissen ja noch nicht, dass wir auch davon noch genug bekommen. Wir geniessen es, erneut an einem Fluss zu übernachten.

Samstag, 17. Juli
Der Morgen fängt mit kräftigem Regen und der Suche nach zwei ausgerissenen Pferden an. Die Suche dauert eine Stunde und bis wir wegkommen ist es ca. 11 Uhr. Aber das ist normal und auch ohne Pferdesuche geht das nicht früher. Unterdessen wird das Wetter sehr angenehm und der Ritt, der jetzt folgt wird für mich in die Geschichte eingehen. Durch Wald und Schlamm, steil bergauf bis auf 2600 Meter tragen uns die Pferde. Wir können nur die Trittsicherheit dieser einmaligen Pferde bewundern, wie sie den besten Aufstieg über Wu r z e l n , Baumstämme, sumpfige Löcher und Felsen suchen und auch finden. Ich weiss, dass mong o l i s c h e Pferde vielleisten, aber das was sie heute vollbringen, ist für mich schlicht unvorstellbar. Nach einen Abstieg zu Fuss schlagen wir das Lager zum ersten Mal in der Taiga auf. Die steinige Ebene ist noch zum Teil mit Schnee bedeckt, wir k ö n n e n Wasser aus einer Quelle fassen. Obwohl recht kühl wird in der Nacht, hat es Mücken, wie am Vorabend auch. Ich mache mir nicht viel draus, denn sie haben es alle auf Heidi abgesehen, die sich dann auch entsprechend zerstochen präsentieren kann. Der Ritt dauert zwar nur vier Stunden, aber die Pferde sind schon wesentlich zahmer geworden. Am späteren Abend erhalten wir dann noch Besuch von zwei Zaaten, die auf dem Heimweg sind. Nach der üblichen Bewirtung setzen sie ihren Weg fort, also können wir sie morgen auch besuchen.

Sonntag, 18. Juli
Mit Spannung steigen wir am Morgen in den Sattel, denn heute stehen die Zaaten mit ihren Rentieren auf dem Programm. Bereits nach kurzer Zeit erblicken wir fünf Zelte am Horizont. In der Nähe steht eine kleine Herde Rentiere, d a r u n t e r auch solche mit kapitalen Geweihen. Wir w e r d e n freundlich empfangen und zum Tee ins Zelt eingeladen. Brot und Quark schmecken ausgezeichnet. Wir erkundigen uns nach ihrem Befinden und dem ihrer Tiere. Dann übergeben wir dem Chef Schokolade, Zig a r e t t e n ,Ballone für die Kinder und 10000 Tugrik (10 Euro), wie mir das von Temudschin g e r a t e n wurde. Der Chef nimmt das Geld schweigend entgegen und reicht es seiner Frau weiter. Obwohl der Chef einen absolut mürrischen Eindruck macht, erlaubt er uns zu fotografieren. Die Leute im Zelt bietenuns ihre Handarbeiten an, von denen wir auch einiges kaufen. Wir sind zwar freundlich empfangen worden, aber die Stimmung gefällt uns nicht. Offensichtlich gibt es bereit zu viele Besucher im Sommer und dann treiben sich auch noch Ethnologen und Antropologen herum, d.h. sie betreiben natürlich ihre Studien. Unser Dolmetscher hat Angst vor diesen Leuten und drängt zu Aufbruch und so reiten wir eben nach kaum einer halben Stunde weiter. Ich habe ja immer betont, der Weg sei das Ziel, und ich werde den Zaaten Besuchauf keinen Fall mehr in den Mittelpunkt der Reise stellen. Mein Pferd verabschiedet sich mit einem kräftigen Galopp, den ich kaum zu bremsen vermag. Zu Pferd und zu Fuss machen wir einen steilen Abstieg und treffen auf ein Schweizer Paar, die auch bei den Zaaten waren. Irgendwann stellen wir fest, dass der heutige Sonntag ein ganz besonderer Tag ist. Zörgo ist krank, Zolo fliegt in hohem Bogen in einen Bach, Daniel und Gregor steigen kurz unfreiwillig ab, wobei Gregor von seinem Pferd einen Tritt in den Bauch bekommt, mein Pferd brennt durch, weil es noch keine Rentiere gesehen hat und zum Schluss reisst auch noch meine Sattelgurte. Am Abend am Lagerfeuer lassen wir den Tag Revue passieren und kommen zu der Feststellung, das aus der Erlebnisreise eine Abenteuerreise hätte werden können, wenn Gregors Pferd etwas besser getroffen hätte. Der Tagesritt hat fünf Stunden gedauert und am Abend regnet es dann wieder leicht.

Montag, 19. Juli
Unser Ritt geht zurück zum Ausgangspunkt der Tour und wir reiten stundenlang durch eine unglaubliche Ebene, die uns mit ihrem hohen gelben Gras an eine Prärie erinnert, auf der nur Büffel und Indianer fehlen. Ab und zu legen wir einen Galopp ein, was ganz nach Gregors Geschmack ist. Wir kommen gut vorwärts und ich bin der Meinung, dass diese vier Stunden Ritt am Vormittag zum Schönsten gehören, was man hier erleben kann und dass ich unbedingt hier wieder einmal reiten will. Bei einem Nomaden am Fluss trinken wir Tee und warten auf unsere Suppe. Es wird fast Abend bis wir weiterreiten und den Fluss überqueren. Nach weiteren zwei Stunden sind wir beim Vater des älteren unserer Begleiter. Wir zelten dort und werden in der Jurte mit Brot und Rahm von einmalig guter Qualität bewirtet. Das Brot ist ganz anders als im Süden, d.h. aus Sauerteig und sehr luftig, fast noch etwas feucht. Der Rahm ist natürlich auch frischer, weil die Temperaturen doch etwas tiefer sind als auf früheren Reisen. Wir möchten ein Brot kaufen für mein traditionelles Geburtstagsfondue, aber wir müssen bis morgen warten bis neues gebacken wird, denn wir haben in unserer Gier zuviel gegessen. Als Ersatz gibt es Spaghetti und eine Flasche Wein. Heidi serviert mir einen Geburtstagskuchen mit Kerze ins Zelt. Mit Pflümlischnaps getränkt schmeckt er sehr gut. Es ist einfach nicht möglich, sich vor dem eigenen Geburtstag zu verstecken und so bin ich eben wieder ein Jahr älter.

Dienstag, 20. Juli
Eigentlich wäre es unser Ruhetag, aber um 11.30 Uhr reiten wir zu der Familie unseres jüngeren Pferdemannes. Zuerst gibt es ein richtiges Packpferd-Rodeo, weil die Küche dem falschen Pferd aufgeladen wurde und dieses das Klappern nicht mag. So wird gebockt, bis die Küche wieder auf der Steppe verstreut liegt. Dreimal müssen Pferde eingefangen werden, aber dann wird es ein schöner Ritt von 2 Stunden. Gleich bei Ankunft beginnt es zu regnen und wir verziehen uns gerne ins Blockhaus der jungen Familie, wo wir wieder mit feinem Brot und Rahm bewirtet werden. Der Norden der Mongolei wird mir immer sympathischer bei diesen Köstlichkeiten. Das Wetter eignet sich nun auch hervorragend für ein Käsefondue, das ich nicht im Freien zubereiten muss. Ich habe die Familie wegen des Geruchs vorgewarnt und bis auf Zolo verziehen sich alle. Tapfer versucht er einen Brocken und kann es nicht begreifen, dass wir freiwillig so etwas Scheussliches essen. Da es nicht zu Regnen aufhört, müssen wir mittels Spezialtechnik immer zu viert unsere Zelte aufstellen. Einigermassen trocken verkriechen wir uns bis 21 Uhr. Mit einer mongolischen Suppe auf das Fondue überstehen wir dann 15 Stunden Dauerregen. Der Norden ist immer noch schön, aber halt etwas feucht!
Mittwoch, 21. Juli
Auch der längste Dauerregen findet ein Ende und die grosse Trocknerei beginnt. Auch die Mongolen schleppen ihre Decken und Dehls ins Freie, nur die Schuhe wollen lange nicht trocken werden zum Imprägnieren. Plötzlich verkündet Zolo, dass wir erst im Nachmittag reiten, weil unser Nomade noch eine Ziege schlachten will. Ich bin mich zwar an mongolische Spontanität gewöhnt, aber nach meiner Berechnung kommen wir nun nicht mehr vor dem Abend weg und haben doch die Zelte abgerochen. Tuftsching, unser jüngerer Begleiter versteht das Handwerk ausgezeichnet und sauber und ordentlich wird die Ziege in ihre Bestandteile zerlegt. Nur dass Zolo ohne Erfahrung und die geeignete Kanne Gobiziege machen will, gefällt mir weniger. Es kommt wie es kommen muss, zu fett und nur ein wenig angebraten verschlinge ich trotzdem zuviel und fühle mich wie im Gedicht, wo es heisst: „im Zorn frass er den Hecht noch eh er gar gesotten war, wirft weit die Gräte in das Meer und stülpt den Filz aufs Haar“. (Diese Episode geht um Mitternacht weiter) Endlich um sechs Uhr abends, nach Familienfotos und Abschiednehmen, reiten wir mit neuen Pferden weiter. Ich habe ein sehr kräftiges Tier und im Galopp erstaunlich schnell, aber im Schritt muss ich es oft antreiben. Gerne hätte ich mein Bisheriges behalten, aber es war etwas wund auf dem Rücken. Nach einer Stunde sind wir am Fluss Schinschig, der sehr breit und auch zwei Meter tief ist. Wir trauen unseren Augen nicht, da hat es doch tatsächlich eine Fähre aus zusammengebundenen Holzstämmen zwischen denen das Wasser hochschwappt und einen echten „Fährimann“ der am Drahtseil zieht und barfuss das Floss über den Fluss stösst. Und hier sollen 13 Pferde auf das Floss gebracht werden? Aber wieder einmal bleibt uns nur das Staunen. Als ob das zur täglichen Arbeit gehöre werden die Pferde aufs Floss geführt und am andern Ufer ausgeladen und so können wir nach vier brütet und stundenlang palavert. Ich stelle unseren Dolmetscher Zolo zur Rede und er gibt zu, dass der neue Mann störend wirkt. Was wir heute gemacht haben ist wirklich Blödsinn. Wir sind über Mittag in der heissesten Zeit geritten und hätten dies ebenso gut am Abend machen können, denn es ist bis 23 Uhr hell genug. Daniel geht es auch nicht besonders gut, auch wenn er seine Ziege behalten hat. Die herrliche Landschaft und das bisschen Wasser in nahen Flussbett besänftigen mich wieder und ich beschliesse Zolo in seiner Aufgabe als Guide, in der er noch zu wenig Erfahrung hat, zu unterstützen.

Freitag, 23. Juli
Die Aussprache mit Zolo war gut und das Frühstück bereits um 8 Uhr bereit. Daniel und mir geht es wieder gut und wir sind schon um 9.45 Uhr bereit zum Ab- Fahrten einfach unseren Weg fortsetzen. Wer nun denkt, das machen diese Pferde eben jeden Tag, der irrt sich, denn ich habe in der ganzen Mongolei erst eine solche Fähre angetroffen. Nach einer weiteren Stunde machen wir auf einer Edelweisswiese Halt und zelten. Und nun kommt es zur Fortsetzung der Ziegengeschichte. Ein etwas ungutes Gefühl treibt mich um Mitternacht aus dem Zelt und ich habe wenig Lust den herrlichen Sternenhimmel zu bewundern. So lasse ich mir das unverdauliche Nachtessen nochmals durch den Kopf gehen, während mich ein Hund im fahlen Mondlicht umkreist und auf eine späte Mahlzeit wartet.

Donnerstag, 22. Juli
Die Morgenstunde hat auch noch kein Gold im Munde, aber etwas wie Galle. Total geschwächt lege ich mich wieder hin und beschliesse, während längerer Zeit nichts mehr zu essen. Um 11.30 Uhr reiten wir weiter und sind in einer Stunde in der Stadt Rentschinlumbe. Währen die andern wieder einmal das Telegrafenamt heimsuchen, liege ich im Schatten der hölzernen Orteinfassung und warte auf eine Flasche köstlichen Mineralwassers. Direkt aus Russland kommt sie und bringt mich tatsächlich wieder auf die Beine. Das Reiten geht besser als ich gedacht habe und die Schadenfreude, dass das Telefonieren auch nichts gebracht hat, macht mich fast wieder munter. Nach einer Tagesetappe von wiederum nur zwei Stunden muss ich meinem Ärger Luft machen. Es scheint mir noch sehr weit nach Hatgall am Huvskullsee und wir kommen seit drei Tagen einfach nicht vom Fleck. Seit ein dritter Pferdemann namens Seser mit seinen Pferden dazugestossen ist, wird nun noch über der Karte ge-marsch. Aber da lässt Zörgo sein Pferd laufen und die wilde Jagd dauert wieder einmal dreiviertel Stunden. Es ist wie immer der erfahrene Tuvschin, der das Pferd einfängt, aber alle nehmen es total gelassen und keiner macht Zörgo Vorwürfe. Wir reiten durch sumpfiges Gelände, das mit vereinzelten Lärchengruppen durchsetzt ist. Ich vergleiche diese wunderschöne Landschaft mit dem Engadin vor 1000 Jahren, obwohl ich damals nicht dort war. Mittagsrast ist an einem über 100 Meter breiten Flussbett, das aber fast ganz ausgetrocknet ist. Führte dieser Fluss Wasser, müssten wir die Tour abbrechen, den unzählige Baumstämme und Wurzelstöcke sind Zeugen der Kraft des Wassers. Das Flussbett ist genau so breit wie das Tal und so reiten wir meistens im Flussbett oder auf einem schmalen Uferstreifen. Wir übernachten auf einer schönen Wiese mit einem Amerikanerpaar. Während die Frau uns gute Ratschläge gibt, macht der Mann nicht gerade einen vertrauenserweckenden Eindruck auf uns, ausser auf Heidi, die ihn ganz passabel findet. Es wird tüchtig gefeuert, auch wenn es wieder ein wenig regnet. Den Rest der Ziege überlassen wir grosszügig den Mongolen und begnügen uns mit Suppe und Tee.

Samstag, 24. Juli
Der Morgen ist noch trüb, aber wie wir um 11 Uhr reiten, kommt die Sonne. Wir sind jetzt ganz im Gebirge, das uns vom Huvskulsee trennt. Noch ca. eine Stunde reiten wir im Fussbett und dann schwenken wir ab gegen einen steilen Pass. Hier wurde offensichtlich so etwas wie eine Passstrasse gebaut. Mein Pferd ist ganz im Element und stapft wie eine Lokomotive den steilen Berg hinauf. Nach zwei Stunden erreichen wir die Passhöhe mit einem Ovo auf 2800 Meter. Wir bewundern und fotografieren die imposante Bergwelt. Mittagessen ist im nächsten Tal, wieder in einem grossen Flussbett. Nach der langen Mittagsrast reiten wir noch 2 ½ Stunden bis wir einen idealen Rastplatz mit Holz und Wasser finden. Den Apéro genehmigen wir mit Nüssli und Daniels Citterio.

Sonntag, 25. Juli
Um 03 Uhr glüht das Feuer immer noch und die Milchstrasse, wie auch der ganze Sternenhimmel, sind einmalig. Ich aber friere wieder einmal mehr wie ein Schlosshund und verfluche meinen viel zu dünnen Schlafsack. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als im Vorzelt meinen stinkenden Regenmantel zu holen um nicht erbärmlich zu erfrieren. Wir brechen um 10.30 Uhr auf und wundern uns wieder einmal, warum unsere Köche kein besseres Konzept beim Einpacken haben um beim Frühstück nicht die ganze Küche inkl. Lebensmittel ausbreiten zu müssen. Die Antwort ist eigentlich einfach: Wenn sie wären wie wir, müssten wir gar nicht mehr herkommen. Wir reiten weiter im
Flussbett und später vermehrt auf der Wiese, wo wir auch galoppieren können. Ein Packpferd bringt es wieder einmal fertig, die ganze Ladung am Boden auszubreiten und unter Gelächter wird eben neu beladen. Warum fluchen, das macht es ja auch nicht besser! Irgendwann biegen wir ab und erreichen eine Wasserscheide. Der Nachmittag wird lang und wir reiten über eine schöne Alp mit Blumenwiesen. Die Wiesen sind oft sumpfig und von den Hängen fliesst Wasser. Aber das Flussbett ist knochentrocken, denn das Wasser versickert unmittelbar in einer meterdicken Kiesschicht. Vom Huvskulsee kommen uns mehrere Touristengruppen entgegen. Das scheint ein beliebter Durchgang nach Rentschinlumbe zu sein. Kaum haben wir am Abend unsere Zelte aufgeschlagen, bricht ein gewaltiges Gewitter los. Es hat sich wieder einmal gelohnt, ohne Ruhepause das Zelt aufzustellen und während draussen Blitz und Donner wüten, frage ich mich im Zelt, was unsere Begleiter machen, die sich noch eine Rauchpause gegönnt haben.

Montag, 26. Juli
Obwohl es mit einem Gewitter begonnen hat, regnet es dann 14 Stunden Non-Stop. In Regenkleidern stehen wir im Freien und kauen feuchtes Brot und der Regen tropft in den Kaffee den wir mit leicht klumpendem Pulver und Zucker anrühren. Zum Zelt abbrechen kommt nun wieder die gut eingespielte Methode zum Einsatz, sodass die Innenzelte kaum nass werden. Punkt 11 Uhr sind wir startklar, aber nun hat sich mein Pferd ohne Zaumzeug selbständig gemacht. Ohne Lasso und Urga das Pferd einzufangen ist fast unmöglich. Und wieder ist es Tuvsching, der das Tier überlistet und so brauche ich nicht den letzten Tag noch zu Fuss zu gehen. Der Ritt geht durch eine herrliche Parklandschaft, wenn auch etwas sumpfig, aber das sind wir uns nun gewöhnt. Für alle Strapazen werden wir entschädigt, als wir aus der Höhe einen wunderschönen Ausblick auf den Huvskulsee geniessen. Zu Fuss machen wir den steilen Abstieg in unser Camp Hangarid, wo uns Temudschin bereits erwartet. Nach dem Begrüssungstee im Ger, wird zum letzten Mal das Zelt aufgeschlagen und sauber gemacht, so gut es geht. Zum Abendessen holt unser Koch sogar noch Buuz aus der Küche im Camp. Daniel scheinen sie besonders gut zu schmecken. Der Schlussabend am Feuer verläuft sehr gut, wenn auch fast ein wenig Bedauern aufkommt, dass das Abenteuer, sprich Erlebnis, nun zu Ende ist. Bis jetzt sind wir unfallfrei über die Runden gekommen, aber Temudschin, der mongolisch Feuer anzündet, brennt besser als sein Holzstoss. Aber auch das verläuft nochmals glimpflich. So können wir dann unseren wirklich hilfsbereiten Begleitern grösstes Lob aussprechen und sie angemessen mit Trinkgeld und den letzten Schokoladen und Zigaretten beschenken. Der obligate Wodka fehlt auch nicht und die Pferdemänner überbieten unseren Halbliter mit einem ganzen Liter und so findet ein unvergesslicher Ritt auch einen würdigen Abschluss.

Dienstag, 27. Juli
Es ist eine unruhige Nacht. Pferde galoppieren zwischen den Zelten durch und die Pferdemänner finden auch keine Ruhe. Erstaunlicherweise haben sie aber bereits um 8 Uhr gesattelt und gefrühstückt. Nach einem kurzen aber herzlichen Abschied brausen sie mit 10 Pferden, die frei laufen, davon. Sie wollen das Gebirge in einem Tag durchqueren. Nach einem ausgedehnten Frühstück beginnen wir bei schönstem Sonnenschein die Zelte zu reinigen. Die Stimmung ist ein bisschen melancholisch, denn uns fehlen die mongolischen Begleiter und die Pferde. Ich tröste mich damit, dass ich auf jeden Fall die Tour nächste Jahr wiederholen werde, bin mir aber bewusst, dass es nicht mehr dasselbe sein wird. Später ziehen wir ins Camp um und kommen so in den Genuss, noch eine Nacht im Ger zu schlafen. Alle geniessen es, kein Tagesprogramm zu haben und so vertreibt sich jeder die Zeit auf seine Weise am Ufer dieses herrlichen Sees. Am Abend besuchen wir dann noch eine Folklorevorführung. Die Leute könnten einem Leid tun, als gute Künstler haben sie 10 Zuhörer und verkaufen noch zwei CDs. Im Anschluss fackelt dann Temudschin seinen Hozstoss, den er wieder kräftig mit Benzin übergossen hat, ab und die internationale anwesende Gemeinschaft übt sich abwechslungsweise im Absingen von Liedern. Temudschin hat eine sehr schöne Stimme und die Mongolen kennen ja auch unglaublich viele Lieder. Wir Schweizer geben was wir können, es ist nicht viel, kommt aber von Herzen.

Mittwoch, 28. Juli

Der Transfer zum Steppenflughafen Hatgall wird noch einmal zur absoluten Nervenprobe. Der Bus ist zum Bersten voll mit Passagieren und Gepäck, aber er springt nicht an. Irgendwie kommen wir dann doch Schlussgedanken Es war eine Pioniertour unter dem Motto, „der Weg ist das Ziel“. Ich darf aber feststellen, dass trotz Improvisation, Fehlen eines erfahrenen Guide und starker Regenfälle, die Tour vollumfänglich abgewickelt werden konnte. Zu verdanken haben wir dies sicher unserer sehr guten mongolischen Begleitmannschaft, den einzigartigen Pferden und natürlich auch den flexiblen und toleranten Teilnehmern, die immer lobten, wenn es etwas zu loben gab und nur leichte Kritik, wenn überhaupt, im aufbauenden Sinne äusserten. Die wertvollen Anregungen bezüglich Ausrüstung und Organisation, werden dann den nächsten Teilnehmern zugute kommen. So gilt denn mein grosser Dank gleichermassen allen Begleitern, Mensch und Pferd, denn ihnen verdanke ich meine beste „Ruedi Peter´s Erlebnisreise“ seit ich die Mongolei bereise. Ich freue mich natürlich auf ein bis zwei Reittouren im Juni und August 2005 mit je drei bis vier BegleiterInnen Text und Fotos: Ruedi Peter, August 2004 noch rechtzeitig an und amüsieren uns köstlich über das Flughafengebäude, ein Holzhüttchen von 3×4 Metern mit drei Türen, die zweisprachig beschriftet sind. Zum Glück gibt es keine Waage und somit auch kein Übergepäck. Nachdem der Pilot neben dem Flugzeug noch andächtig „Pferde geschaut“ hat, starten wir endgültig Richtung Süden, um nach einer Zwischenlandung in Murun in Ulaanbaatar wieder Elisabeths Gruppe zu treffen.

Schlussgedanken
Es war eine Pioniertour unter dem Motto, „der Weg ist das Ziel“. Ich darf aber feststellen, dass trotz Improvisation, Fehlen eines erfahrenen Guide und starker Regenfälle, die Tour vollumfänglich abgewickelt werden konnte. Zu verdanken haben wir dies sicher unserer sehr guten mongolischen Begleitmannschaft, den einzigartigen Pferden und natürlich auch den flexiblen und toleranten Teilnehmern, die immer lobten, wenn es etwas zu loben gab und nur leichte Kritik, wenn überhaupt, im aufbauenden Sinne äusserten. Die wertvollen Anregungen bezüglich Ausrüstung und Organisation, werden dann den nächsten Teilnehmern zugute kommen. So gilt denn mein grosser Dank gleichermassen allen Begleitern, Mensch und Pferd, denn ihnen verdanke ich meine beste „Ruedi Peter´s Erlebnisreise“ seit ich die Mongolei bereise. Ich freue mich natürlich auf ein bis zwei Reittouren im Juni und August 2005 mit je drei bis vier BegleiterInnen

Ruedi Peter´s Erlebnisreisen
Bahnhofstrasse 10
6252 Dagmersellen
Tel. 062 756 21 52
E-Mail: ruedi.peter@gmx.net
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